Kommunale Wohnungsbaugesellschaft mbH Rathenow

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Mit rund 2.600 bewirtschafteten Mieteinheiten ist die KWR Rathenow der größte Vermieter von Wohn- und Gewerberäumen der Stadt der Optik. Als städtisches Unternehmen ist die sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung breiter Schichten der Bevölkerung unsere vorrangige Aufgabe.

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„Rathenow war die idealste Garnison, die man sich denken konnte“

Die Stadt Rathenow ist heute eine weitestgehend militärfreie Zone. Ab und an hört man Schießgeräusche vom Truppenübungsplatz Klietz, hin und wieder durchqueren Militärfahrzeuge das Zentrum. Im 19. Jahrhundert hingegen prägten die Zietenhusaren das städtische Leben. Die restaurierten Kasernen in der Bahnhofstraße, der alte Reitstall in der Schopenhauerstraße und der freigelegte Friedrich-Carl-Gedenkstein sind sichtbare Überbleibsel dieser Epoche. Auch das nun abgerissene Offizierskasino gehörte dazu. Bei den Abrissarbeiten sind interessante geschichtliche Dokumente der Grundsteinlegung gefunden worden.

 

 

Alles begann mit der Grundsteinlegung am 27. Januar 1909, an der außer dem Kommandierenden General des III. Armeekorps, General der Infanterie von Bülow, viele Offiziere des Regiments und weitere Herren von Stadt, Kreis und Land teilnahmen. Der Neubau war nötig geworden, weil das alte Kasino am „Paradeplatz“, dem heutigen Schleusenplatz am Kurfürstendenkmal, zu klein geworden war und die Stadt Rathenow Haus und Gartengelände zur Erweiterung ihrer Büros brauchte. Das sogenannte alte Offizierskasino war allen Offizieren trotz seiner geringen und kleinen Räume eine „liebe Heimstätte“ gewesen. Nur ungern schied das Offizierskorps aus diesem gemütlichen Heim und zog in den im Villenstil erbauten Neubau. Jedoch erregte besonders der Saal, der im friderizianischen Stil reich mit Stuck verziert und mit Kaiser- und Kommandeursbildern versehen war, dann die Bewunderung aller Gäste.

 

 

„Rathenow war die idealste Garnison, die man sich denken konnte“

Durch dreierlei war Rathenow seinerzeit berühmt: durch seine roten Mauersteine, seine optische Industrie und seine roten Husaren. Geschichtliche Dokumente wie beispielsweise von dem Historiker Walther Specht belegen: „Rathenow war die idealste Garnison, die man sich denken konnte.“ „Die riesigen Wälder von Kiefern, Eichen und Buchen dicht vor der Stadt, die Havel und die Seen mit ihrem blauen Wasser und den zum Schwimmen, Baden und Tränken vorzüglich geeigneten Ufern, die zum Klettern wie geschaffenen Berge und die weiten Ebenen für schneidige Attacken und Jagdrennen über Gräben und Koppelricken mussten ein Reiterherz erfreuen.“ Und die bis zu 1000 Zietenhusaren prägten die Stadt und ihre Entwicklung nachhaltig. „Das eigentliche Leben erhielt die stille, nur an den Markttagen etwas belebtere Stadt erst durch die Husaren. Nicht nur dass die Signale der zum Dienst rufenden Trompeter die Einförmigkeit täglich unterbrochen, vor allem sorgten die zu Pferde oder zu Fuß zu den Sammelplätzen eilenden Husaren für stets neue Abwechslung.“

„Strippenjungs“ und „Schliepern“

Die Husaren lagen bis 1891 in Bürgerquartieren und die Pferde standen in einer Anzahl großer Ställe besonders in der Altstadt. Im Allgemeinen war es so, dass der Bürger die Einquartierung durchaus nicht als eine Belästigung ansah, sondern sich ein herzliches Verhältnis herausbildete, das über die Dienstzeit hinaus bestehen blieb. Dafür sorgte schon die männliche Jugend, die damals für alles, was das Soldatenleben anging, ein lebhaftes Interesse zeigte. Mit dem Anwachsen der Sozialdemokratie wuchs allerdings auch eine gewisse Reibungslust zwischen den „Strippenjungs“ und den „Schliepern“, wie sich Husaren und Brillenschleifer gegenseitig titulierten, und so kam es auf Tanzvergnügen nicht selten zu Schlägereien, bei denen Säbel, Biergläser, Stuhlbeine und zerbrochene Fensterscheiben eine Rolle spielten.

 

 

Ausstellung über das Reiterregiment

Wer mehr über die Zietenhusaren in Rathenow wissen will, der sollte sich auf den Weg in die Ausstellungsräume des Fördervereins Heimatmuseum der Stadt Rathenow machen. Dort wurde Anfang des Jahres eine Ausstellung eröffnet, die veranschaulicht, wie prägend das Reiterregiment für Rathenow war. Die leuchtend rote Uniform eines Gefreiten darf ebenso bewundert werden wie ein Paar originale Reitstiefel, die so gut gepflegt sind, dass man gleich hineinschlüpfen könnte. In einer Glasvitrine sind jede Menge bunter Orden und Abzeichen ausgestellt. Auch eine alte Schellackplatte der Firma Anker Record. „‚Retraite de Cavallerie‘, gespielt von der Kapelle des Husaren-Regiments von Zieten Nr. 3/Rathenow“ steht auf der erstaunlich gut erhaltenen Plattenhülle.

Originaldokumente der Grundsteinlegung

Die im Oktober 2019 gefundenen Beigaben der Grundsteinlegung von 1909, wie die Bleikartusche, ein mit Korken versiegeltes Reagenzglas, Originalfotos, Ausgaben zweier Zeitungen und der damalige Stadtplan sind ebenfalls zu sehen. Die Grundsteinlegung am 27. Januar 1909 stellte übrigens für die damalige Zeit ein ganz besonderes Ereignis dar, wie das gefundene Foto beweist: Denn genau das Bild, das eigentlich zeigt, dass die Bleikartusche vergraben wird, befand sich in dieser. Das heißt: Alle gezeigten Personen waren dafür zweimal an diesem Platz.
Neben den Exponaten illustrieren jede Menge historischer Fotos diese Epoche. Vereins- vorsitzender Dr. Peter Dietze ergänzt: „Wir haben 2018 angefangen, Stadtgeschichte querbeet in einem großen Raum darzustellen. Beispielsweise die Rathenower Schifffahrtsindustrie oder auch die Braukunst, wir haben ein sehr tolles Bier gebraut. Zu den Zietenhusaren gibt es nun diese Sonderausstellung.“

Die Ausstellung in der Berliner Straße 80 kann dienstags, mittwochs und freitags von 11 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags von 13 bis 17 Uhr besucht werden. Das zuvor „herrenlose“ ehemalige Offizierskasino ist der KWR vom Finanzministerium mit dem Ziel übertragen worden, es abzureißen, um weiteren Vandalismus vorzubeugen. Einem Gutachten zufolge war es aus baulicher Sicht nicht mehr zu retten gewesen. Das Grundstück wird in den kommenden Monaten zum Verkauf gestellt.